Die Gründungsidee des Erzgebirgsvereins Berlin entstand im September 1910 auf einer Jahrestagung des damaligen Hauptvereines in Chemnitz und beruhte auf einer dringenden Empfehlung zweier Heimatfreunde, die damals führend den Erzgebirgszweigvereinen Chemnitz und Leipzig vorstanden. Schon damals waren Erzgebirger in Berlin ansässig geworden, deren Adressen ausfindig gemacht wurden und so wurde am 21. Oktober 1910 im Lokal „Alt Bayern“  in der Potsdamer Str. 35, vom Rechtsanwalt Dr. Paul Petzold, Herrn Arthur Döring, Sekretär der Generaldirektion der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen, und Hofrat Paul Scheffel der Verein gegründet.

Aus dem Bericht von Arthur Döring: „Sieben Herren waren erschienen … Der Wortführer war … unser Hofrat und seine warmen, weichen, von reiner Heimatliebe getragenen Worte lösten schnell den Gründungsbeschluss aus. Sogleich wurde der Vorstand gebildet …“

Dr. Paul Petzold und Arthur Döring waren jeweils auch 1. Vorsitzende, Petzold von 1910-1925, Döring von 1925 – 1929. Bereits im November 1910 zählte der Verein 40 Mitglieder, zu diesem Zeitpunkt wurde die erste Satzung verabschiedet.

Im Mai 1911 waren es schon 100 Mitglieder und etwa ein Jahr später wurde die Zahl von 228 Mitgliedern erreicht. Auch wenn sich aufgrund verschiedener historischer  bzw. wirtschaftlicher Bedingungsfaktoren die Mitgliederzahl verringerte, konnte die Vereinsarbeit doch stets aufrecht erhalten werden, und das ist bis zum heutigen Tage so.

Ab 1934, es ist die Zeit des aufstrebenden Nationalsozialismus, erfährt der Verein einen Aufschwung mit rasch wachsenden Mitgliederzahlen. Ein Höhepunkt im Vereinsleben ist im Jahre 1935 die Tagung des Hauptvereins in Berlin in Verbindung mit der 25- Jahr- Feier unter Federführung des 1. Vorsitzenden Albin Oehme .

Im Jahre 1937 begeht  die Stadt Berlin seine 700- Jahr- Feier, der EZV Berlin ist mit seinen Mitgliedern und Festwagen dabei.

Bewegende historische Ereignisse brachte auch für das Vereinsleben des EZV Berlin teilweise gravierende Einschnitte mit sich: Mit dem Ausbruch des 2. Weltkrieges kam die Vereinsarbeit fast zum Erliegen, dem damaligen 1. Vorsitzenden Paul Müller ist es zu verdanken, dass der Kontakt zu den Heimatfreunden an der Front nicht abriss.

Dennoch wurde inmitten der Kriegswirren 1940 das 30jährige Gründungsjubiläum begangen. Und auch auf die Tradition der alljährlichen Lichtlobnde mit entsprechendem Programm verzichtete man nicht, wie die Bilder aus den Kriegsjahren zeigen.

Nach Kriegsende 1945 wurde mit einem allgemeinen Verbot jeglicher Vereinstätigkeit auch die Arbeit des EV Berlin wiederum unterbrochen. Erst 1951 konnte der Verein, zunächst unter dem Namen - „Verein heimattreuer Erzgebirger in Berlin“ -seine Tätigkeit wieder aufnehmen. Angeregt und geleitet von Walter Klamt, der in dieser Zeit der 1. Vorsitzende war. Bemerkenswert ist die Entwicklung der Mitgliederzahl in diesem Jahr, von 51 Mitgliedern zum Jahresanfang stieg die Anzahl der Mitglieder bis Jahresende auf 125 an. Im darauf folgenden Jahr 1952, darf der Verein seinen ursprünglichen Namen „Erzgebirgsverein Berlin 1910“ wieder annehmen.

Ab 1953 übernimmt Johannes Weidlich den Vorsitz, den er bis Anfang der 70er Jahre innehat. 

Neue Probleme in der Vereinsarbeit entstanden durch die Spaltung der Stadt, beginnend mit der Blockade im Sommer 1948 und die Zuspitzung durch die Entwicklung im Ostsektor der Stadt . Proklamation einer eigenen Stadtverwaltung, dem Magistrat sowie die Gründung der DDR im Oktober 1949. Entsprechend schwierig gestaltet sich ein gemeinsames Vereinsleben. Somit ist die Vereinsarbeit in den 50er Jahren durch diese besonderen Ereignisse gekennzeichnet. 

Dazu gehören zwei bedeutende Daten: 

Am 1. Oktober 1955 erfolgt der offizielle Beitritt zum Hauptverein mit Sitz Frankfurt am Main.

Im Rahmen der Feier zum 45. Stiftungsfest (das erste nach dem Krieg) am 23. Oktober 1955, erfolgte  die Bannerweihe der neuen vom damaligen Schriftführer Wolfgang Pannhorst entworfenen Vereinsfahne. Mit dem Mauerbau im August 1961 war Westberlin endgültig abgeriegelt und die Verbindung zu den Mitgliedern im Ostteil war nun völlig abgebrochen. Die Heimat, das Erzgebirge, war nunmehr auch fast unerreichbar geworden und es war beschwerlich aufgrund der Bestimmungen und Drangsalierungen von Seiten der ostdeutschen Behörden den Kontakt zu halten. Dennoch wurde er gesucht und gepflegt, man nahm so einiges auf sich, um das Erzgebirge und die Erzgebirger nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

So wurde z.B. die Abgeordnetentagung 1963 in Berlin abgehalten und die Besucher wurden von einer Delegation am damaligen Tor zur Welt, dem Flughafen Berlin-Tempelhof, in Empfang genommen.

Weiterhin fand beispielsweise 1981 eine Fahrt ins Erzgebirge statt wo unter anderem der Althammer Grünthal besucht wurde.

Besondere Bedeutung hatten gerade in dieser Zeit die  in der Bundesrepublik vorhandenen sowie neu entstandenen Zweigvereine, wie z.B. Solingen und Hildesheim, zu denen besonders rege Kontakte bestanden. Geführt wurde die Vereinsarbeit von 1971 an vom 1. Vorsitzenden Rudolf Hoffbauer. Vor Ort, also in Westberlin, wurde neben der Brauchtumspflege unter den Mitgliedern zu Heimatabenden und den jährlichen Lichtlobnden auch auf Ausstellungen, Märkten und in den Medien für das Erzgebirge geworben.

 

Insbesondere die Lichtlobnde mit 400 – 500 Besuchern waren Höhepunkte im Vereinsleben. Demgegenüber fehlten infolge des „Eingesperrtseins“ jedoch neue junge Mitglieder aus der nachfolgenden Generation.

Seit 1975, und das ist seit Bestehen des Vereins  in dieser Dauer einmalig, führt Klaus Domschke als 1. Vorsitzender seit 35 Jahren die teilweise sehr bewegten Geschicke des Erzgebirgsvereins Berlin.

Als im November 1989 die Mauer fiel, war das ein großes Geschenk für alle Deutschen in Ost und West, so auch für den EV Berlin. Neue Mitglieder aus dem Ostteil der Stadt und dem Umland bereicherten und belebten das Vereinsgeschehen. Hier ist die Wiedervereinigung zwischen Ost und West schnell geglückt.

Nach der Ãœberwindung der deutschen Teilung schloss sich 1991 bei einer bewegenden Festveranstaltung in Eibenstock damals der inzwischen auch in der Heimat wiederbelebte Erzgebirgsverein mit dem westdeutschen Hauptverein zum traditionellen "Erzgebirgsverein e.V." mit Sitz in Schneeberg zusammen. Damit gibt es im  Jahr 2011 das 20-jährige Jubiläum dieses Ereignisses zu feiern.

Darüber hinaus konnten nun Kontakte zu den vielen neu gegründeten Zweigvereinen im Erzgebirge geknüpft und intensiviert werden.

An den Leitmotiven für die Vereinsarbeit hat sich in den vergangenen 100 Jahren nichts geändert: Es ging und geht vom Anbeginn bis heute und in Zukunft um die Pflege und den Erhalt der erzgebirgischen Sitten und Bräuche, des heimatlichen Liedgutes und der mundartlichen Sprache, darüber hinaus natürlich auch um die Förderung des Fremdenverkehrs in das Erzgebirge.

Die Erzgebirger sind, ob hie, ob da, ein reges Völkchen, wie wir im Folgenden anhand charakteristischer Aktivitäten darstellen:

Beginnen wir mit den besonderen Höhepunkten des Vereinslebens, den Stiftungsfesten. Hier die 65-Jahrfeier 1975.

Zum 75. Stiftungsjubiläum 1985 gab es eine besondere Aktion, die Pflanzung eines Vugelbeerbaams im Berliner Stadtteil Gropiusstadt. Unter Beteiligung des Bezirksbürgermeisters von Berlin-Neukölln, Arnulf Kriedner, Heimatfreund Georgi, einem langjährigen Vereinsmitglied und dem 1. Vorsitzenden Klaus Domschke wurde die Pflanzung mit einem besonderen Zeremoniell vorgenommen:

Jeder füllte ein Päckchen Erde aus seinem Heimatort zum Anpflanzen des Bäumchens in die Pflanzgrube. Wie man sehen kann, ist dies der Entwicklung des Baumes in den letzten Jahrzehnten sehr zugute gekommen.
Auch das 90-jährige Stiftungsfest wurde natürlich stilgemäß unter Beteiligung der Kultur- und Brauchtumsgruppe des Vereins begangen.

Als weitere Höhepunkte im Vereinsleben haben wir die Heimatabende und vor allem die Lichtlobnde bereits herausgestellt, die mit einem entsprechenden Programm die heimatlichen Sitten und Bräuche lebendig halten. Die verschiedenen Bilder dokumentieren dies auch im Wandel der Jahrzehnte, den 50er, 60er und 70er Jahren bis heute.
Auch Fastnachtsfeiern, „Fosnd“ und Frühlingsfeste, beim EV Berlin versteht man zu feiern – ob 1954  oder heute … auch hier unter Beteiligung der Kultur- und Brauchtumsgruppe immer ein besonderes Erlebnis.

Eine besondere Aufgabe des Vereins ist seit jeher die Darstellung des erzgebirgischen Kulturgutes in der breiten Öffentlichkeit. Z.B. im Rahmen verschiedener Veranstaltungen in Berlin, wie z.B. zur 750 Jahr-Feier der Stadt, Auftritte anlässlich von Weihnachtsmärkten und Ausstellungen, wie im KaDeWe  die Christmette in Berlin-Zehlendorf  oder Berlin-Moabit.

Der EV Berlin präsentiert sich auch im Rahmen von Reisen ins Erzgebirge mit vielfältigen kulturellen Aktivitäten wie der Aufführung der Erzgebirgischen Christmette in Zwönitz und Kemtau 1999, einem Programm anlässlich der Ausstellungseröffnung des Johannes Männchen Nachlasses in Ehrenfriedersdorf 2005, mit seiner Präsenz bei der Einweihung der Bergmannskirche Annaberg im Jahre 2005, sowie der Teilnahme am Bergfest Pobershau 2009.

Einen beträchtlichen Teil des Vereinslebens nimmt das Wandern ein. Die monatlichen Wanderungen in und um Berlin werden von Heimatfreunden geführt. Der EV Berlin ist darüber hinaus zu den Wandertagen in Deutschland unterwegs. Beispielhaft zeigen wir Heimatfreund Klaus Domschke  bei einer Wanderung mit dem damaligen Bundespräsidenten Carl Carstens im Jahre 1982. Ebenfalls waren Heimatfreunde des EV Berlin zu den Wandertagen 2006 in der Eiffel, 2008 in Hessen und zur Wanderfreizeit 2009 im Erzgebirge unterwegs. Schließlich pflegt der Verein Kontakte zu anderen in Berlin ansässigen Heimatvereinen und ist dort präsent.

Der Erzgebirsgverein Berlin ist in den 100 Jahren seines Bestehens durch eine wechselvolle Geschichte gegangen. Und auch heute schreibt er die Geschichte seines Fortbestehens, trotz aktuell sinkender Mitgliederzahlen weiter. Dies dokumentiert auch die jüngste Vereinsgeschichte, denn der EV Berlin ist noch immer ein aktiver Verein, nach wie vor der Pflege des erzgebirgischen Brauchtums verpflichtet und über die Grenzen Berlins hinaus präsent.

Seit 2009 ist der EV Berlin Mitglied im Landesverband Brandenburg- Berlin der Bergmanns- Hütten- und Knappenvereine e. V. und repräsentiert damit die Montanregion Erzgebirge, so z.B. beim Bergfest in Rüdersdorf bei Berlin oder bei der Fahnenweihe des Landesverbandes.